In der zweiten Overtime Periode sicherten sich die Man in Black, wie die deutschen Footballer wegen ihrer schwarzen Trikots auch gerne genannt werden, den Europameister Titel im Finale vor 27.000 Zuschauern im Ernst-Happel-Stadion gegen Gastgeber Österreich. Dass Herzschlagfinale zweier Teams auf gleichem Niveau war beste Werbung für Football, in Deutschland wie in Österreich.
Als Jan Hilgenfeldt den Ball beim Fieldgoalversuch aus 25 Yards zwischen die Stangen zentrierte war der Jubel auf der Deutschen Seitenlinie groß. Es waren die ersten Punkte nach fast 30 Minuten reiner Spielzeit. Inzwischen hatten die Österreicher 17 Punkte aufs Scoreboard gezaubert. Gezaubert im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Österreicher zelebrieten Football auf höchstem Niveau.
Zwar war Deutschland noch im ersten Viertel nach einem Doppelschlag innerhalb einer Minute mit 14:0 in Führung gegangen, doch nach den Touchdowns von Niklas Römer, nach Pass von Marco Ehrenfried und dem Fumble Return Touchdown von Maximilian Wild, wollte es für die Deutschen nicht mehr so richtig klappen. Dabei hatte sich das Team, anders als gegen Schweden, strafentechnisch im Griff, aber das Laufspiel, egal ob über Danny Washington oder Fabian Gärtner konnten die Man in Black nicht etablieren. Das bedeutete, dass die Hauptlast des Angriffs auf den jungen Schultern von Ehrenfried lag und er schien daran zu zerbrechen.
Hatten die Deutschen im ersten Viertel noch von den Fehlern der Österreicher profitiert, war es nun umgekehrt. Nach einem Fumble von Römer, als die Deutschen gerade auf dem Weg waren, ihren Vorsprung auszubauen, generierten die Österreicher ihre ersten Punkte. „Nur“ ein Fieldgoal von Christopher Kappel, aber es war die Initialzündung für die Gastgeber. Denn sie hatten mit dem langen Drive fast 10 Minuten von der Uhr „gefressen“ und gezeigt, dass sie die Kette bewegen konnten. Und als dann Andreas Lunzer Ehrenfrieds Pass abfangen und in die deutsche Hälfte tragen konnte, lag der Touchdown von Laurinho Walch, nach Pass von Christoph Gross, in der Luft. Den PAT versemmelte Kappel, so dass Österreich vor der Pause nur auf 9:14 herankam.
Da störte es die Hausherren auch nicht, dass Mark Scherenberg die ersten Bemühungen von Gross das Spiel für Österreich zu drehen mit einer Interception begrub, denn Benjamin Bubik fing für die südlichen Nachbarn einen Pass von Ehrenfried in die Endzone ab und bracht Rot-Weiß so wieder in Ballbesitz. Und die marschierten nun und Anfang des letzten Viertels vollendete Philipp Margreiter den Drive zum Touchdown. Und nachdem Gross den Ball ein weiteres Mal in die Endzone gebracht hatte stand es plötzlich 17:14 für die Österreicher.
Bis eben Hilgenfeldt das deutsche Team in die Verlängerung schoss. Dabei hatten die Deutschen vor dem Ende der regulären Spielzeit noch einmal eine Chance zu punkten, aber nicht das erste Mal und auch nicht das letzte Mal sorgten die Schiedsrichter für eine Vorentscheidung. Nach einem 44 Yard Pass von Ehrenfried auf Hilgenfeldt jubelte dieser den Schiedsrichtern zu viel und sie verhängten eine Strafe gegen Hilgenfeldt und Deutschland. Statt an der gegnerischen 23 Yardlinie ging es 15 Yards zurück. Von dort wäre ein Fieldgoal für Hilgenfeldt zu weit geworden (55 Yards) und Deutschland versuchte so näher an die Österreichische Endzone heranzukommen, scheiterte aber.
So ging es in die Verlängerung, die anders als in der amerikanischen Profiliga, mit Drives für jedes Team an der gegnerischen 25 Yard Linie beginnt. Deutschland begann schleppend, aber eine Strafe gegen Österreich, ähnlich suspekt wie die gegen Hilgenfeldt bescherte unserem Team einen neuen ersten Versuch und Ehrenfried schulterte die Last und bediente Dominic Hanselmann zielsicher in der Endzone. Hilgenfeldt verwandelte den Zusatzkick sicher, aber so richtig jubeln wollte keiner. Österreich zog auch prompt nach. Und zwar mit einem Trickspielzug. Nach einem Reverse bediente Christian Stefani seinen Quarterback in bester Spielmachermanier. Und Gross, ganz alleine in der deutschen Endzone fing den Touchdown sicher. Beim Zusatzkick hatte Kappel dann großes Glück, als der Ball gegen den Pfosten knallte um dann doch noch durch die Stangen zu fallen. Ausgleich.
Nun durfte Österreich beginnen. Aber die Deutsche Verteidigung fand nun Mittel und Wege die Gastgeber zu stoppen und so blieb nur das Fieldgoal für Kappel und das Angriffsrecht für Deutschland. Und gleich im zweiten Spielzug fand Ehrenfried Hilgenfeldt für 19 Yards und man hatte vier Versuche von der gegnerischen 4 Yard Linie. Sollte zu machen sein, dachte das deutsche Publikum im Stadion, vor dem Fernseher oder dem Computer. Aber so einfach ist das gegen Österreich nicht. Gärtner für 1 Yard, Patrick Geiger für 2 und Ehrenfried für 0 waren die Ausbeute aus 3 Läufen. Doch erneut schnitt eine gelbe Flagge den Jubel der Österreicher ab. Zu viel gefreut? Geht das in einem so emotionalen Sport? Den Deutschen war es egal. Vier neue Versuche. Und der zweite saß. Römer pflückte den Pass von Ehrenfried aus der Luft, zögerte kurz und riss sich dann den Helm vom Kopf. Touchdown Deutschland. Und damit auch der Sieg und der Titel!
Nun ist man seit der Finalniederlage in 2005 in einer EM ungeschlagen. Das ist eine beachtenswerte Bilanz und manifestiert die Dominanz des deutschen Footballs in Europa. Mit 3 Titeln und 2 Vizes aus den letzten 5 EMs ist der American Football einer der erfolgreichsten Aushängeschilder des deutschen Outdoor Mannschaftssport. Und trotzdem kaum beachtet in den Medien. Das hat dieser Sport wahrlich kaum verdient. Während sich beim Superbowl hunderte Fernsehsender und Zeitungen mit Schlagzeilen überschlagen, hält sich der nationale Ruhm der deutschen Footballer in übersichtlichen Grenzen. Leider.