Cheerleading – Nicht nur sexy Outfits und Herumgepuschel

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Cheerleading ist ein Knochenjob, bei dem Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Beweglichkeit gefragt sind.

Von Susanne Degel

 

Von wegen nur Herumgepuschel. Wo Menschen-Pyramiden, geworfene Salti, Schrauben und waghalsige Stunts an der Tagesordnung stehen, kann es sich nur um einen Knochenjob handeln – dauerlächelnde Mädchen mit glänzenden Pompons in sexy Outfits hin oder her. Beim Cheerleading wird den Protagonistinnen so ziemlich alles abverlangt. Was freilich auch daran liegt, dass sich die aus Amerika stammende Sportart – neben den charakteristischen Anfeuerungsrufen – gleich aus drei Elementen zusammensetzt: Turnen, Tanz und Akrobatik. “Cheerleading ist so anstrengend wie ein Sprint”, sagt denn auch Angela Edwards, Trainerin der Great Orange Fire (GOF) in Vaihingen. Und fügt nach einer kurzen Pause hinzu: “Wie ein sehr, sehr langer Sprint.” Ruhephasen gebe es nicht. Während der bei Meisterschaften zweieinhalb Minuten dauernden Darbietung bewegten sich alle Teammitglieder am oberen Limit. Der Zuschauer merkt das selten. Kein Wunder, sei doch gerade das eines der großen Ziele. “Wenn es so aussieht, als strenge es überhaupt nicht an, dann hat man es absolut geschafft”, sagt Angela Schabel, Edwards Trainerkollegin.

 

 

 

Entsprechend hart trainieren die GOF, die sich zurzeit ausnahmslos aus Frauen zusammensetzen. Letzteres sehr zum Unverständnis von Angela Edwards. Immerhin waren die ersten Cheerleader, die 1898 beim American Football mit organisierten Anfeuerungsrufen aufgefallen sind, Männer – ausnahmslos. Wenn die 32-Jährige dem anderen Geschlecht angehören würde und die Wahl zwischen Fitnessstudio und Cheerleading hätte, würde sie sich klar für die zweite Option entscheiden. “Lieber hebe ich doch hübsche Mädels in die Luft als Hanteln.” Doch für viele Männer habe die in Deutschland nach wie vor exotische Sportart eben nicht den Status tatsächlich ernsthafter Sport zu sein. Ganz anders in den USA, wo Cheerleading heute sogar als Leistungsfach in der Schule und an den Universitäten angeboten wird.

 

Ob Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit oder Beweglichkeit – Cheerleader brauchen alles. Nicht selten, dass viele Teammitglieder deshalb an ihre Grenzen stoßen. Grenzen, die es aber immer wieder aufs Neue zu überschreiten gilt, sagt Angela Schabel. Die 28-Jährige ist seit 2000 Mitglied bei den GOF. Selbst nach ihrem Umzug nach Möglingen fährt Angela Schabel zwei-, drei- oder sogar viermal in der Woche zum Training in die Sporthalle der Pfaffenwaldschule. “Wer einmal vom Virus des Cheerleadings erfasst wurde, der wird ihn sein Leben lang nicht mehr los”, sagt die B-Lizenz-Trainerin. Der Sport sei absolut abwechslungsreich, das mache auch den großen Reiz aus. Cheerleading ist aber auch eine Verpflichtung den anderen Mitstreitern gegenüber. Es ist ein Teamsport, dessen Basis das Vertrauen ist. Wer als sogenannter Flyer am höchsten Punkt der Menschen-Pyramide ein Akrobatikteil an das andere reiht, der darf keinen Gedanken daran verschwenden müssen, ob er hernach sicher aufgefangen wird oder nicht. “Ab und an mal vorbeikommen und mitmachen, ist bei uns nicht drin”, sagt Angela Edwards. Ganz abgesehen davon, dass man sportlich sehr schnell nicht mehr mithalten könne. Alles müsse perfekt sein. Jeder Schritt, jede Drehung, jeder Anfeuerungsruf muss zum Takt der Musik passen und oft synchron sein.

 

Zweimal drei Stunden trainieren die GOF wöchentlich. Wenn wie jetzt, am 4. Februar in Schwäbisch Hall, die Baden-Württembergische Meisterschaft ansteht, dann wird das Pensum auf vier Einheiten erhöht. Nicht selten fallen auch die Wochenenden dem Training zum Opfer. Dritter waren sie im vergangenen Jahr, ähnlich erfolgreich wollen die GOF auch diesmal mit ihrem neuen Programm sein.

 

Die Landes- und nationalen Meisterschaften sind derweil nur zwei saisonale Höhepunkte. Bis zu zwölfmal im Jahr feuern die GOF die Stuttgart Silver Arrows an, denen sie als Abteilung auch angegliedert sind. “Bei den Spielen zeigen wir ein abgespecktes Programm unserer Meisterschaftskür”, sagt Angela Schabel. “Das Beste halt.” Und das ist eben nicht nur Herumgepuschel und Dauerlächeln.

 

(c) FilderZeitung, Stuttgarter Zeitung (vom 4. Januar 2012)

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